Autor : Dr. Reiner Nolden, Direktor des Stadtarchivs Trier, |
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Vinzenz von Beauvais Vincentius Bellovacensis, wohl um 1190 geboren, studierte zu Zeiten König Philipps II. August (+1223) in Paris. Nach 1228 trat er in das Dominikanerkloster Beauvais ein, dort war er vor allem als Pädagoge und schriftstellerischer Enzyklopädist tätig. Nach 1245 bis 1260 wirkte er in der Umgebung Ludwigs IX. als offiziöser Prinzenerzieher, Bibliothekar und Lektor am königlichen Zisterzienserkloster Royaumont. Er starb 1264 in Beauvais. Während seiner Tätigkeit für das Herrscherhaus schrieb er u.a. einen Leitfaden für die Prinzenerziehung De eruditione filiorum nobilium, und einen Fürstenspiegel, De morali principis institutione. Seine Hauptwerke aber sind seine drei Specula; deren Entstehung begründet er in den jeweils vorangestellten Vorworten (Apologia auctoris) folgendermaßen: Die Masse des Geschriebenen (multitudo librorum), die Kürze der verfügbaren (Lebens)zeit (temporis brevitas) und die Schwäche des Gedächtnisses (memoriae labilitas) erfordern eine Blütenlese (florilegium) aus dem vorhandenen Schriftgut. Zu diesem Zwecke schrieben er und seine Helfer und Mitbrüder ca 450 genannte Autoren, aber auch zahlreiche schon vorhandene Florilegien aus; ermuntert wurde er dazu von seinen Ordensoberen, die den Stoff zur Predigthilfe und zur Glaubensverbreitung als nützlich ansahen. So entstanden das Speculum historiale mit 32 Büchern mit der Geschichte von der Schöpfung bis auf seine Zeit ca 1250, das Speculum naturale ebenfalls mit 32 Büchern mit der Darstellung der Menschheits- und Naturgeschichte und das Speculum doctrinale mit 18 Büchern mit der Begründung der Wissenschaften und den Fachwissenschaften. Ein von Vinzenz nur angedachtes Speculum morale erschien apokryph 1297 nach seinem Tode. Die Werke Vinzenz’ standen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in hohem Ansehen; in einer Zeit, in der Originalität nicht gefragt war, wurden sie von Literaten zitiert und von Zeitgenossen ausgeschrieben. Die vielfältige Benutzung führte zu Anfängen alphabetischer Register. Einer breiten handschriftlichen Überlieferung schlossen sich ab 1473 Inkunabeln an, die mehrfach in Straßburg (durch Rusch bzw. Mentelin), Nürnberg (Koberger) und Venedig (Lichtenstein) gedruckt wurden. In der Folgezeit ließ das Interesse an Vinzenz’ Werken deutlich nach. Es erschien noch eine weitere Gesamtausgabe 1591 durch Nicolini in Venedig und schließlich die noch heute gültige Ausgabe von 1624 durch die Benediktiner von St. Vaast in Douai. Auf internationaler Ebene werden z.Zt. Vorarbeiten für eine kritische Neuausgabe geleistet. Die Anzahl der aus Trierer geistlichen Institutionen in die Stadtbibliothek
gelangten Handschriften mit Werken Vinzenz’ hält sich in Grenzen
(3) – was natürlich nichts über ihre tatsächliche Verbreitung
aussagt. Dagegen sind die obengenannten Inkunabeldrucke besonders reichlich
vertreten: Jeweils drei Exemplare sind vorhanden Von den neun für vorliegende Restaurierung und Präsentation ausgewählten Vinzenz-Bänden stammen zwei aus dem Mainzer Jesuitenkolleg (Nr. 39 und 43 ; Inc 513 gr2° und Inc 514gr2°), zwei aus dem Simeonstift (Nr. 40, 42 und 46, wobei Nr. 40 und 49 zusammengebunden sind; Inc 598 4° und Inc 599 4°) und fünf aus St. German ( Nr. 38 in zwei Bänden, Nr. 41, Nr. 44 und Nr. 45; Inc 537gr2°, Inc 538gr2°, Inc 543gr2° und Inc 1846gr2°). Die Bände aus Mainz tragen keinen Provenienzvermerk, die Initialen sind in rot und blau gezeichnet, teilweise auch nur einfarbig. Die Bände aus dem Simeonstift tragen wie dort üblich keinen Provenienzvermerk, sie enthalten auch keine handgezeichneten Initialen. Die fünf Bände aus St. German tragen bis auf Ausnahmen ein einheitliches Rückenschild, einen oder mehrere Provenienzvermerke auf dem Schmutzblatt. Die Initialen sind teilweise reich in blau, rot, grün und lila gezeichnet; gelegentlich werden gegen Ende der Bücher weniger Farben benutzt. Inc 1845 hat als Vorprovenienz Liber d Stephani de Berncastel pastoris in Bell. Lebenslauf: Dr. Reiner Nolden, Jahrgang 1949, aus der Dürener Gegend stammend, besuchte dort das Stiftische Gymnasium. Ab Sommer 1969 Studium der Fächer Englisch und Geschichte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen, Gastsemester am University College Galway/Irland. Nach dem 1. Staatsexamen 1974 Verwalter der Stelle eines Wissenschaftlichen Assistenten im Fach Mittelalterliche Geschichte. 1976 Promotion über das Thema „Besitzungen und Einkünfte des Aachener Marienstifts“ anschließend Wissenschaftlicher Assistent bis 1980, bis 1982 Ausbildung zum Archivar des Höheren Dienstes in Münster und Marburg. Ab Sommer 1982 Tätigkeit als Archivar am Stadtarchiv Trier. Z.Zt. Archivdirektor und Stellvertretender Leiter der Stadtbibliothek. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Klosterwesen im Alten Reich (St. Maximin, Prüm, Echternach), zur Geschichte der Juden, Beständeübersicht des Stadtarchivs, Signaturenkonkordanz und Provenienzverzeichnis der Handschriftenbestände der Stadtbibliothek. Dr. Reiner Nolden, born in 1949, from the region of Düren (between Aix-la-Chapelle and Cologne), attended school at the Stiftisches Gymnasium in Düren. He studied English and History from summer 1969 in the Technical University of Aix-la-Chapelle including two terms at University College Galway/Ireland. After his state-exam in 1974 he was named Junior Lecturer in Medieval History and after presenting a Ph.D. thesis in 1976 he taught as Lecturer in the same field until 1980. From 1980 to 1982 training as an archivist in Münster and the German archive-school in Marburg. Since summer 1982 he has been working as an archivist in the municipal archives in Trier, at the moment as director of the archives and the deputy director of the municipal library. Numerous publications on old monasteries (St Maximin, Prüm, Echternach), the History of the Jews of Trier, inventory of the archives and studies on the manuscripts of the library. |
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