Restaurierungsbericht Inkunabel 1302

 

Restaurierungsbericht von: Melanie Kubitza, Eva-Katharina Nebel
Eigentümer: Stadtbibliothek Trier

Die Inkunabel ist aus drei Werken zusammengesetzt. Das erste „Fasciculus temporum" wurde von Werner Rolevinck verfaßt. Darin besitzt die Textpassage einer mittelalterlichen Legende Bedeutung für Trier. Es heißt, die Stadt sei bereits in zur Zeit Melchisedechs und Quintus von Assyrien entstanden.

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Illustriert wird dieser Textabschnitt durch eine Phantasieansicht der Stadt Trier.

Albertus von Eyb ist Autor des zweiten Teils „Margarita poetica", der Auszüge aus Schriften römischer Dichter enthält. Das dritte Buch ist bekannt unter dem Kurztitel „Historia Trojana", geschrieben von Guido de Columna.

Von allen drei Werken sind weder Druckort noch Drucker bekannt.

Maße des Bucheinbandes: Höhe 305 mm, Breite 215 mm, Dicke 109 mm.
Ausstattung des Buchblockes: Hervorhebungen durch rote und blaue Initialen, Alineazeichen, im ersten Buch florale Buchmalerei auf Folio 1, kolorierte Holzschnitte.
Überzug: Schafsleder, alaungegerbt; Buchschließen (unvollständig), Holzdeckel vermutlich aus Eiche.

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Auf der Abbildung ist das sog. Abdeckplättchen zu sehen, mit dem das Schließenband, das den Haken (Krampe) trägt, befestigt wird. Aus der Befürchtung heraus, die benachbarten Bücher im Regal zu beschädigen, wurden - so auch hier - die Schließenbänder vielfach abgeschnitten. Dadurch kam es zu einer Lockerung des Deckplättchens, das nur noch von einer Niete gehalten wird.

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Vor der Befestigung des Abdeckplättchens mußte das Schließenband soweit rekonstruiert und unterlegt werden, daß es der nachfolgenden Vernietung Halt geben kann. Zur Herstellung neuer Nieten wurden Reinmessingnägel verwendet, deren Köpfchen abgesägt werden. Flache Nietköpfe schlägt man erst auf einer Seite an, dann wird, nach Durchstecken der Niete, auf der Innenseite des Deckels eingenietet.

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Die Beschädigung auf dem Spiegelblatt zeigt, daß noch ein beschriebener Pergamentflügel darunterklebt. Da der Falzbereich - im Bild rechts - gebrochen war und restauriert werden mußte, wurde entschieden, den Spiegel abzulösen und die Fragmente zu bergen.

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Die beiden Pergamentfragmente konnten liturgischen Schriften zugeordnet werden. Das Manuskript links im Bild entstammt dem 10./11. Jahrhundert, es handelt von Christi Himmelfahrt. Rechts ist das Fragment eines Bibeltextes aus dem 13. Jahrhundert zu sehen, in dem die Jugend Jesus Christus beschrieben wird. Die Fragmente werden dem Buchblock so vorgeheftet, daß sie zukünftig von beiden Seiten betrachtet werden können.

Materialien:
Latexschwamm „Chemical Sponge", alaungegerbtes Ziegenleder, Irgaderm-Lederfarbe (gelb und braun), Pergamentspäne, Messingnägel, Japanpapier. Klebstoffe: Weizenstärkekleister, Hausenblase.


 
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